Nockenwellen

Nockenwellen

Beitragvon Eddy » Mi 8. Okt 2014, 22:36

im Netz gefunden ...

Bevor von Nockenwellen und Steuerzeiten die Rede ist, vorab lieber noch ein paar vorbereitende Worte.
Einem Kind würde man einen Viertaktmotor so erklähren:

1.Takt, Ansaugen:
Das Einlassventil ist offen und der Kolben bewegt sich vom oberen Totpunkt (OT) zum unteren Totpunkt (UT).
Durch die Vergrößerung des Raumes über dem Kolben entsteht ein Unterdruck und das Gemisch wird angesaugt.
2.Takt, Verdichten:
Die Ventile sind geschlossen, der Kolben bewegt sich vom UT zum OT.
Das Gemisch wird verdichtet.
3.Takt, Arbeiten:
Die Ventile sind geschlossen, die Zündkerze entzündet das Gemisch.
Durch das verbrennende Gemisch wird ein großer Überdruck erzeugt, wodurch der Kolben vom OT zum UT gedrückt wird.
4.Takt, Auslassen:
Das Auslassventil ist geöffnet, der Kolben bewegt sich vom UT zum OT.
Dabei drückt der Kolben das verbrannte Gemisch in den Auslass.

Prinzipiell würde das funktionieren. Allerdings bräuchte so ein Motor gute zwei Liter Hubraum, um ein PS zu leisten (bei einer Höchstdrehzahl von vielleicht 500 U/min).

Ich versuche mal eine andere Beschreibung:

Ende 3.Takt:
Der Kolben wird vom verbrannten Gemisch in Richtung UT gedrückt.
Der Kolben gibt Leistung an die Kurbelwelle ab.
4.Takt:
Der Kolben befindet sich kurz vor dem UT, das Auslassventil wird geöffnet.
Durch die Vergrößerung der Raumes über dem Kolben ist der Druck auf den Kolben durch das verbrannte Gemisch gesunken.
Durch den Restdruck wird das Gemisch in Richtung des Auslasskanals bewegt.
Der Kolben überschreitet den UT und unterstützt durch seine Aufwärtsbewegung in Richtung des OT die Strömung der Abgase in Richtung Auslass.
Der Kolben hat im Bereich des OT eine deutlich geringere Geschwindigkeit als die Restgase, die weiter in Richtung Auslass strömen, somit entsteht ein Unterdruck.
Der Kolben hat den OT überschritten und das Auslassventil wird geschlossen.
1.Takt:
Der Kolben ist kurz vor dem OT, das Einlassventil wird geöffnet.
Durch den Unterdruck aus Takt 4 werden Frischgase angesaugt.
Der Kolben bewegt sich Richtung UT, und unterstützt die Bewegung der Frischgase.
Der Kolben ist im Bereich des UT und bewegt sich langsamer im Vergleich zur Strömungsgeschwindigkeit der Frischgase (Masseträgheit).
Der Kolben befindet sich nun kurz nach dem UT und bewegt sich entgegen der Strömungsrichtung der Frischgase.
Das Einlassventil wird geschlossen, bevor sich die Strömungsrichtung der Frischgase umkehrt.
2.Takt:
Der Kolben bewegt sich weiter in Richtung des OT und verdichtet das Gemisch.
Beginn 3.Takt:
Der Kolben ist kurz vor dem OT und das Gemisch wird von der Kerze entzündet.
Der Kolben überschreitet den OT, die Flammfront breitet sich aus, es entsteht ein Überdruck, der Kolben gibt Leistung an die Kurbelwelle ab.



Nicht die Bewegungen vom OT zum UT und zurück bestimmen die Grenzen zwischen den einzelnen Takten, vielmehr überschneiden sich einzelne Takte.
Diese beginnen mit einem Zündfunken oder werden vom Öffnen oder Schließen der Ventile begrenzt.


Nun sind wir bei den Steuerzeiten und damit endlich bei den Nockenwellen angelangt:

Die reale Öffnungszeit kann bei gleichen Motoren durchaus variieren. Stichwort unterschiedliches Ventilspiel.
Dann haben verschiedene Hersteller unterschiedliche Methoden, die Öffnungszeit anzugeben: Einige geben eine Ventilöffnungszeit für ihre Nockenwellen mit einem theoretischen Wert von 0,5 mm Ventilspiel an, andere wiederum für 1,5 mm Ventilspiel. Viele, wie auch Triumph für ein Ventilspiel von 1,0 mm.
Hört sich zuerst einmal blödsinnig an, macht aber in der Praxis durchaus Sinn:
Nockenwellen haben am Anfang und Ende ihrer Ventilöffnung eine sogenannte "Anlauframpe": einen Bereich, wo das Ventil erst sehr langsam geöffnet wird.
Hintergrund: Die Nocke hat dadurch die Möglichkeit sich sanft an das Ventil anzulegen. Dadurch wird der Ventiltrieb geschont. Ohne Anlauframpe wäre so eine Nocke wie ein Hammer, der gnadenlos auf das Ventil einprügeln würde. Genau diese Anlauframpen sind mit einer Standard-Messuhr aber sehr schwer exakt zu erfassen (bezogen auf die Kurbelwellendrehung).
Deswegen der "Trick" mit dem theoretischen Ventilspiel: Man ignoriert einfach die Anlauframpen beim Messen, und kommt in einen Bereich, in welchem sich das Ventil viel stärker bewegt, gegenüber der Kurbelwellenbewegung. Ein bestimmter Ventilhub kann exakter auf einen bestimmten Kurbelwellenwinkel gemessen und eingestellt werden.)

Die Ventilüberschneidung ist dabei der Punkt, wo Ein- und Auslassventil die gleiche Öffnungshöhe haben. (Das muß nicht umbedingt der OT sein.)
Die "Lobe Center" sind jeweils die Punkte, an denen die Ventile die größte Öffnung haben und die Spreizung ist der Abstand in Kurbelwellengrad zwischen den Lobe Centern. (Meistens wird die Spreizung auch als "Lobe" angegeben: Halbe Spreizung.)

Ich will jetzt nicht zu tief in die Theorie von Nockenwellen einsteigen, aber so viel noch:
Je später das Einlassventil schließt, desto mehr Leistung hat man in immer höheren Drehzahlen.

Je höher und früher der Ventilüberschneidungspunkt liegt, desto höher ist das Drehmoment im unteren und mittleren Drehzahlbereich.

Längere Ventilöffnungszeiten bringen mehr Spitzenleistung bei höheren Drehzahlen, kürzere mehr Drehmoment in der Mitte sowie unten rum.
(Ich habe jetzt "Leistung" und "Drehmoment" tüchtig durcheinandergewürfelt. Beides hängt aber linear miteinander zusammen:
Leistung ist gleich Drehmoment mal Drehzahl! Wer selbst mit Leistungsdiagrammen rechnen möchte, muß die Angaben wie "Ps" oder "U/min" in Watt und Bogensekunden umrechnen.Dann bekommt man das richtige Drehmoment in "Nm".)

O.k., genug der Theorie!
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Re: Nockenwellen

Beitragvon Macke » Do 9. Okt 2014, 09:22

Das ist aber für Saugmotoren.Beim Turbo kommen der Druck vor dem Einlassventil dazu und auch der Druck
nach dem Auslassventil,denn die Abgase müßen hier auch noch Arbeit verrichten und die Turbinenwelle antreiben.
Da entsteht z.B. kein Unerdruck im 4ten Takt auf OT,da die Abgase den Auspuff nicht frei passieren können und durch
einen engen Kanal auf die Turbine geführt werden.
Um z.B. 2bar Ladedruck erzeugen zu können muß vor der Turbine ein noch viel höherer Druck vorliegen.
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